

Steigende Transportkosten und stockende Lieferketten: Der effizienten Organisation von Warenflüssen kommt zentrale Bedeutung zu. Der Online-Ratgeber „Logistik-Fitness“ bietet praxisnahe Unterstützung.
Logistik, also die Organisation von Warenflüssen, ist der Dreh- und Angelpunkt der modernen Wirtschaft und wird immer komplexer. Logistik sorgt dafür, dass die benötigte Ware in der vereinbarten Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, beim richtigen Kunden zu den richtigen Kosten ankommt. Dahinter steht der Gedanke einer reibungslosen Versorgungskette vom Hersteller bis zum Kunden. Gerade Krisenzeiten wie jetzt erfordern einen professionellen Blick auf diesen Bereich, um Lieferengpässe zu vermeiden und rasch Alternativen zu finden. Dabei kommt es mehr denn je darauf an, Transportketten möglichst intelligent zu gestalten, um einerseits aus betrieblicher Sicht Kosten zu sparen und andererseits aus Sicht der Umwelt möglichst wenig Emissionen zu verursachen.
„Die Wirtschaftskammer Tirol hat daher einen Online-Ratgeber zum Thema ’Logistik-Fitness’ entwickelt, der speziell Klein- und Mittelbetriebe für dieses Thema sensibilisieren soll und bietet auch entsprechende Beratungen an“, erklärt der Experte für Verkehrspolitik in der Wirtschaftskammer Tirol, Josef Ölhafen. Im Ratgeber geht es vor allem um die Anlieferung von für die Produktion notwendigen Waren bzw. Dienstleistungen, aber auch um die kleinräumige Verteilung der produzierten Güter. Auch das Thema der innerbetrieblichen Logistik wird behandelt und hilft dabei, möglichst effiziente Prozesse im Unternehmen zu installieren.
„Mit diesem einfachen Tool soll die Basis gelegt werden, um die Resilienz der Lieferketten zu stärken.“
Der Ratgeber ist die direkte Antwort auf die aktuellen Herausforderungen für die Unternehmen und nimmt Bezug auf die folgende Ausganglage:
1. Logistische Prozesse werden immer wichtiger
Die arbeitsteilige Wirtschaft ist eines der wesentlichsten Element des steigenden Wohlstands breiter Bevölkerungsgruppen. Dies macht jedoch auch notwendig, Waren zu transportieren. Das führt dazu, dass sich das Verkehrswachstum immer etwas stärker als das Wirtschaftswachstum erhöht. Sowohl im Einkauf als auch im Vertrieb steigen daher die logistischen Herausforderungen, um am Markt wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. In praktisch allen Großunternehmen wird der Logistik eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und vielfach sogar an externe Dienstleister ausgelagert.
In Klein- und Mittelbetrieben wird diesem Thema zum Teil wenig bis gar kein Wert beigemessen. Die Covid-Pandemie hat jedoch eindrucksvoll gezeigt, wie abhängig unser westliches Wirtschaftssystem von Just-in-time-Lieferungen ist. Vielfach konnten Projekte und Aufträge nicht – oder nicht termingerecht – ausgeführt werden, weil wichtige Ersatzteile oder Halbfertigwaren nicht lieferbar waren. Das Virus hat schonungslos aufgedeckt, wie anfällig unsere arbeitsteilige Wirtschaft für Bottlenecks in den Lieferketten ist. Der Krieg in der Ukraine – also mitten in Europa – verschärft diese Anfälligkeit und bringt unser gesamtes Gefüge an seine Grenzen.
2. KMU sind in ihren Kernkompetenzen „gefangen“
Gerade unsere kleinteilige Wirtschaft ist aufgrund ihrer Struktur besonders auf die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen fokussiert. Wichtigen Nebenprozessen – wie z.B. der Anlieferung von Halb- und Fertigprodukten oder der Auslieferung der erzeugten Güter – wird deshalb zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Drohende Engpässe werden häufig mit Kapazitätserweiterungen beantwortet, etwa mit dem Kauf eines zusätzlichen Fahrzeugs. Die dahinter liegenden Prozesse werden nur in den seltensten Fällen überprüft und gegebenenfalls geändert oder der neuen Situation angepasst. Dabei liegt gerade darin hohes Potenzial, das sich mit der entsprechenden Aufmerksamkeit heben lässt.
3. Just-in-time-Lieferungen verdecken den Blick auf das Ganze
Over-Night-Transporte von notwendigen Ersatzteilen oder anderen für die Produktion oder die Dienstleistung notwendigen Gütern verleiten dazu, Vorrats- und Ersatzteillager immer weiter zu reduzieren und am Ende gar einzustellen. Die Unternehmen sind auf Just-in-time-Lieferungen angewiesen und haben keinerlei Reserven für bestimmte Perioden angelegt. Unterbrechungen der Lieferketten haben im schlimmsten Fall unweigerlich auch eine Einstellung der betrieblichen Tätigkeit – mit allen damit verbundenen Konsequenzen – zur Folge.
4. Resilienz der Lieferketten ist ein Gebot der Stunde
Die aktuelle Situation am Weltmarkt zeigt eindrücklich auf, welche Folgen die Fokussierung auf wenige Zulieferanten bzw. die Konzentration auf wenige Abnehmer der Produkte hat. Aktuelle Beispiele machen die Problematik deutlich: Der Krieg in der Ukraine reduzierte die Leistungsfähigkeit der „Neuen Seidenstraße“ drastisch; die Corona-Schutzmaßnahmen mit der verpflichtenden Quarantäne ganzer Städte in China brachten den bisher reibungslosen globalen Container-Verkehr durcheinander; der Schiffsunfall im Suezkanal blockierte den Schiffsverkehr zwischen Asien und Europa wochenlang. Diese Anlassfälle zeigen, wie anfällig unser Wirtschafts-
system auf Störungen in den globalen Transportwegen reagiert.
Das hat nicht nur Auswirkungen auf nationale Volkswirtschaften, sondern wird zunehmend auch von den heimischen Klein- und Mittelbetrieben wahrgenommen. Neben dem Mangel an Arbeitskräften sind Nachschub- und Verteilschwierigkeiten die größten Herausforderungen für die Unternehmen. Der überproportionale Anstieg der Inflation ist nicht zuletzt Ausfluss dieser Entwicklung.
Diese Grundsätze wurden bei der Entwicklung des Online-Ratgebers berücksichtigt und auf die Praxistauglichkeit für die Betriebe optimiert. Im Anschluss an die (anonyme) Beantwortung der Fragen kann auf einfache Weise der Stand des betrieblichen Logistik-Know-hows festgestellt werden und im Bedarfsfall eine Kurzberatung angefordert werden. „Mit diesem einfachen Tool soll die Basis gelegt werden, um die heimische Wirtschaft krisenfester zu machen und die Resilienz der Lieferketten für unsere Tiroler Unternehmen zu stärken“, betont Josef Ölhafen.
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