Perspektiven

Die große Expedition

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Die Transformation der Wirtschaft ist in vollem Gange. Für die Unternehmen ist das eine Reise mit Expeditionscharakter. Eine Begleitung durch eine/n „Navigator:in“ schafft Orientierung und hilft dabei, neue Chancen zu nutzen.

Irgendetwas ist anders geworden. Viele Firmen nehmen wahr, dass sich das Umfeld derzeit massiv verändert. Die großen Stichworte Digitalisierung und Transformation kommen mit ihren Auswirkungen schleichend in der Praxis an. Dieser Wandel muss noch nicht in den Zahlen sichtbar sein. „Selbst erfolgreiche Betriebe spüren intuitiv, dass sie sich besser auf das Kommende vorbereiten, als davon überrollt zu werden. Viele Unternehmen sind jedoch verunsichert, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen und welche Antworten sie finden können“, erklärt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer.

Doch wer kann sie auf dieser Reise begleiten? Sicher kein Berater, der vorgefertigte Rezepte vorlegt und sich wie ein Bergführer für ausgetretene Trampelpfade anbietet. „Es braucht eher einen Expeditions-Navigator, der zwar selbst ebenfalls noch nicht im unbekannten Land war, aber weiß, wie man gemeinsam mit einem (unternehmensinternen) Team erfolgreich neue Wege findet“, so Sparer. Martin Penz ist einer, der diese neue Generation von Berater:innen repräsentiert (www.martinpenz.com). Er tut sich schon mit dem Begriff „Unternehmensberater“ schwer.

„Das weckt falsche Erwartungen. Ich möchte keine fertigen Konzepte auf den Tisch legen – da diese auch für das jeweilige Unternehmen oft nicht passen würden. Ich kann aber dafür sorgen, den Veränderungsprozess als professionelle Expedition zu gestalten und damit Halt bei der Erarbeitung der Zukunftsstrategie eines Betriebes geben“, erklärt Penz, der seine Kernkompetenz selbst als „Umsetzungsdesign“ bezeichnet. Dass Martin Penz bei komplexen Veränderungsvorhaben und Transformationsprozessen kein lineares Projektmanagement mit linearer Planung betreibt, heißt aber nicht, dass keine Prinzipien im Hintergrund stehen. Ganz im Gegenteil. Martin Penz arbeitet nach fünf klar kommunizierten Prinzipien, die Orientierung geben und Berechenbarkeit sichern.

1. Die Motivation

Es muss ein klares „Warum“ geben, um loszumarschieren, einen Leidensdruck und gleichzeitig auch ein attraktives Zukunftsbild. Alle Beteiligten – von der Unternehmensführung über das mittlere Management bis hin zu den Mitarbeiter:innen müssen wissen, warum sie sich auf eine Expedition begeben. Der Antrieb dazu kann aus zwei Gründen erfolgen: Zum einen, weil die Firma große Chancen sieht, auf der Expedition Neues zu entdecken, und/oder, weil sie den aktuellen Standort verlassen muss, weil es dort nicht mehr attraktiv ist oder es für das aktuelle Geschäftsmodell keinen Platz mehr gibt. „Diese Begründung muss für möglichst viele im Unternehmen greifbar und spürbar sein. Meine Aufgabe als Begleiter ist es, mit Bildern zu arbeiten und anhand von Szenarien das Gefühl für die Notwendigkeit des Aufbruchs zu untermauern“, erklärt Martin Penz.

2. Das Expeditionsteam

Es braucht ein starkes Team, eine starke Seilschaft, bevor der Aufbruch zur Expedition erfolgt. Die wesentlichen Beteiligten müssen die notwendige Entscheidungs- und Umsetzungskompetenz sowie das Können und Wollen für diese Aufgabe mitbringen. Besonders hilfreich ist, wenn es gelingt, dass zumindest einzelne Führungskräfte und Mitarbeiter:innen für dieses Vorhaben brennen und andere mit ihrer Begeisterung anstecken. Der Navigator ist nicht nur für Orientierung am Weg zuständig, sondern unterstützt auch beim Teambuilding und dem Zusammenbringen der richtigen Personen.

Die Basis für die Zusammenarbeit

Unternehmen müssen ihren Weg in die Zukunft nicht alleine gehen. Sie können sich bei dieser Expedition von einem Berater im Sinne eines „Navigators“ begleiten lassen. Damit die Zusammenarbeit optimal funktioniert, braucht es folgende Voraussetzungen:

Klare Rollenverteilung

Schon bei der Auftragsvergabe muss klar sein: Es geht in erster Linie nicht um die fachliche Beratung, sondern um Gestaltung, Moderation und Begleitung des Prozesses. Die Mitarbeiter:innen bringen die Erfahrung und Fachkompetenz ein, der/die Berater:in schafft als Navigator:in den Raum für die Ausarbeitung der Strategie. Das schafft eine wesentlich größere Identifikation mit den Ergebnissen und erhöht die Chance auf Umsetzungserfolg.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Es geht nicht um klassisches Auftraggeber-/Auftragnehmer-Denken im Sinne einer Kunde-Lieferanten-Beziehung. Berater:in und das Team des Auftraggebers arbeiten partnerschaftlich auf Augenhöhe zusammen, auch wenn sie verschiedene Rollen im Prozess einnehmen. Gegenseitiges Vertrauen, dass man gemeinsam an einem Strang zieht, schafft die notwendig Basis.

Mut zu neuen Wegen

Es darf nicht die Erwartungshaltung bestehen, dass sämtliche Optionen auf „sicheren“, bereits erprobten Wegen erfolgen. Das Problem ist ja gerade, dass selbst Expert:innen keine fixen Voraussagen treffen können. Das Ziel liegt darin, dass der/die Navigator:in bei der Expedition in die Zukunft vor möglichen Irrwegen und Sackgassen bewahrt. Der Weg ist für jede Firma individuell.

Akzeptanz und Respekt

Auch wenn der/die Navigator:in niemals das Niveau des Teams bei branchenspezifischen Fachfragen erreichen kann, bringt er/sie doch wesentliche und für den Veränderungsprozess notwendige Kompetenzen ein. Seniorität und Erfahrung, idealerweise Management- und Führungserfahrung, führen zur Akzeptanz bei den Führungskräften und Mitarbeiter:innen.

Einlassen auf neue Sichtweisen

Eine Expedition ist anstrengend. Zum Finden des richtigen Entwicklungspfades ist es mitunter notwendig, dass externe Berater:innen „lästige“ Fragen stellen und Routinen hinterfragen. Diese Vorgangsweise zahlt sich aus: Gerade der branchenfremde, frische Blick auf das Thema kann zu völlig neuen Denk- und Lösungsansätzen führen.

3. Das Zukunftsbild

Natürlich kann keiner genau sagen, was am Ende des Entwicklungsprozesses herauskommt. Was ist jedoch von Anfang an braucht, ist eine Vorstellung dessen, was auf der Expedition entdeckt werden soll. Fragen wie diese helfen dabei, dieses Zukunftsbild zu entwickeln: Was wäre unser Traum? Wie stellen wir uns unsere Zukunft vor? Wann blicken wir mit Stolz auf das
Erreichte zurück? Was wird anders sein als heute und wie fühlt sich das an?

4. Die Vorbereitung

Reinhold Messner ist für seine Expeditionen nicht einfach losgegangen, sondern hat sich intensiv und professionell darauf vorbereitet. Das ist auch hier notwendig. Es braucht die richtigen Ressourcen sowie neue Kompetenzen und Fähigkeiten, um die Aufgabe zu bestehen. „Der Weg wird mitunter beschwerlich, und wer dabei Halbschuhe anhat, wird ausrutschen“, verdeutlicht Penz.

5. Der Aufbruch

Wenn die Vorbereitungen sorgfältig erledigt sind, wird es Zeit für die ersten, beherzten Schritte. Dabei gilt es, Mut und Sicherheit für das Neue zu entwickeln, Zwischenerfolge gebührend zu feiern, nötige Wegänderungen zuzulassen, spontan auch unter Unsicherheit Entscheidungen zu treffen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und attraktive Ziele am Horizont zu entdecken. „Um das alles zu schaffen, ist viel Kommunikation notwendig, die ich als eine meiner wesentlichsten Aufgaben ansehe. Nur so lassen sich Rückschritte und Unsicherheiten aushalten und neue Kräfte tanken“, so Penz.

Fazit: „Keiner, der sich zu einer Expedition entschließt, erwartet, dass es einfach wird. Aber er erwartet oder hofft zumindest, dass es sich lohnt. Genau dafür gibt es meine Rolle als Navigator und Umsetzungsdesigner, um am Ende des Weges eine Unternehmensstrategie entwickelt zu haben, die den Erfolg für die kommenden
Jahre sichert“, erklärt Martin Penz.

Blickfang Photografie
„Neuen Ideen eine Chance geben“
Blickfang Photografie

Berater Martin Penz spricht im TW-Interview über wichtige Rahmenbedingungen, die es braucht um einen Transformationsprozess erfolgreich auf den Weg zu bringen.

Sie begleiten derzeit mit einem Ihrer Geschäftspartner Clemens Schmoll einen der führenden Telekommunikations- und IT-Dienstleister durch den Transformationsprozess. Wie ist es dazu gekommen?

Unser Kunde wollte bewusst neue Wege der Zusammenarbeit gehen. Die fachliche Kompetenz für die anstehende Veränderung, die Expedition, ist größtenteils in den eigenen Reihen vorhanden. Was fehlte, war ein Begleiter, der mit viel Erfahrung, Gespür sowie der notwendigen Konsequenz und Hartnäckigkeit durch den Prozess navigiert.

Was ist das Ziel dieser Transformation?

Das Kerngeschäft wird sich, vor allem getrieben durch neue Technologien, massiv verändern. Dieses durch neue Geschäftsmodelle abzusichern, ist eine der Kernaufgaben. Dazu braucht es völlig neue Vorgehensweisen und eine neue Form der Kundenbeziehung. Um ein nachhaltiges Wachstum sicherzustellen, gilt es auch, neue Geschäftsfelder zu besetzen und neue Zielgruppen zu erreichen.

Wie wollen Sie das schaffen?

Wir legen keine fix fertigen Rezepte auf den Tisch, sondern schaffen die Rahmenbedingungen dafür, dass im Team eine Zukunftsstrategie erarbeitet wird. Diese entsteht also von innen heraus und hat daher eine ganz andere Kraft, realisiert zu werden. Wir bringen Sichtweisen aus unterschiedlichen Abteilungen und über Hierarchiestufen hinweg zusammen und stellen sicher, dass Entscheidungen getroffen werden.

Welche Voraussetzungen gibt es denn dafür, dass diese Art der Begleitung erfolgreich sein kann?

Zum einen muss der Auftrag ganz klar formuliert sein. Alle müssen wissen, dass wir keine Hochglanz-Powerpoint-Folien liefern, wir bieten Navigation und stellen Austausch und Diskussion in den Mittelpunkt. Eine weitere Voraussetzung ist daher, dass das Commitment der Führungskräfte und der Mitarbeiter:innen gegeben ist. Ansonsten bleibt die Zukunftsstrategie ein Papiertiger. Es geht darum, einen passenden Weg für den Kunden zu finden und die vielen spannenden Konzepte auch schrittweise in die Umsetzung zu bringen.

Wie sollten Fachkräfte idealerweise an diese Expedition gehen?

Erstens braucht es eine kollegiale und zugleich kritische Kommunikation untereinander. Weder ein Kuschelkurs noch der Kampf der Alphatiere bringt die Firma weiter. Zweitens hat sich ein Mix aus Erfahrenen und Neuen als hilfreich erwiesen. Drittens ist es nötig, dass sich die Führungskräfte und ihre Teams über das Tagesgeschäft hinaus auf strategisches Denken einlassen und über Abteilungsgrenzen hinweg denken. Und viertens braucht es in der Firma die Bereitschaft, trotz allen Kostendrucks neuen Ideen eine Chance zu geben.

Was sehen Sie als eine der wichtigsten Aufgaben?

Es gilt, die typische Meeting-Kultur zu durchbrechen. Die klassische Schleife „Konzept vorstellen – abnicken – Schublade“ führt zu keinen substanziellen Ergebnissen. Unsere Aufgabe ist es, Raum und Zeit für das Nachdenken zu schaffen, Dinge zu hinterfragen und schließlich zu konkretisieren. Wir bleiben hartnäckig dran, damit aus den Management-Überschriften greifbare und machbare Zielbilder werden.

Ist diese Art der Beratung nur etwas für große Betriebe und spezielle Branchen?

Ab etwa 10 Mitarbeiter:innen kommen im Prinzip Betriebe sämtlicher Branchen in Frage. Die aktuellen Umbrüche sind nicht nur auf einzelne Geschäftszweige begrenzt und betreffen kleinere Betriebe gleichermaßen wie große Unternehmen. Der Unterschied ist, dass bei großen Unternehmen zur marktgetriebenen Komplexität oft noch interne Kompliziertheit dazukommt.

Ist der Prozess auch einmal „fertig“?

Mit der Strategieentwicklung schafft ein Betrieb die Voraussetzungen, Veränderungen zu bewältigen und die richtigen Antworten auf kommende Herausforderungen zu finden. Da die Veränderungen auch in Zukunft jedoch nicht einfach aufhören werden, gilt es, die Expedition immer wieder aufs Neue ein Stück weiterzugehen. Ganz gemäß dem Motto „Nichts ist konstanter als die Veränderung.“

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