Präsentierten die Tiroler Bauvorschau (v.l.): Manfred Lechner (Sprecher der Tiroler Bauindustrie), Wirtschaftslandesrat Mario Gerber, Landesbaudirektor Christian Molzer und WK-Vizepräsident Anton Rieder (Innungsmeister des Tiroler Baugewerbes).
© WK Tirol/ Gerhard Berger

Bauvorschau 2023

Beschaffungsprobleme, hohe Kosten und der Arbeitskräftemangel machen den Betrieben am meisten zu schaffen – Wohnbau besonders unter Druck.

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Aktualisiert am 25.05.2023

„Entgegen allen Prognosen ist die Auftragslage in der Tiroler Bauwirtschaft derzeit überraschend gut. Im Vorjahr hat das Tiroler Baubudget 2.295 Millionen Euro betragen, für heuer wird ein Anstieg von 5,1 Prozent auf insgesamt 2.414 Millionen Euro prognostiziert. Das ist ein positives Signal, weil die Bauwirtschaft ein extrem starker und wichtiger Motor für viele andere Branchen im Land ist“, unterstrich Wirtschaftslandesrat Mario Gerber heute bei der Präsentation der „Tiroler Bauvorschau 2023“.

Mit konkreten Maßnahmen will das Land Tirol dazu beitragen, den Bau-Motor auf Touren zu halten. Einerseits sollen die Fördermittel für Wohnbau und Wohnbausanierung, die sich bereits 2022 auf dem Rekordniveau von knapp 176 Millionen befunden haben, weiter steigen und bei wichtigen Infrastrukturprojekten wie dem MCI-Neubau aufs Tempo gedrückt werden. Anderseits wird demnächst der Startschuss für die lange geforderte Digitale Baueinreichung fallen. „Die Digitalisierung bietet gerade in der Bauwirtschaft eine Vielzahl an Möglichkeiten. Mit der Digitalen Baueinreichung, die ab 1. Jänner 2024 möglich sein wird, setzen wir einen ersten wichtigen Schritt, der durch weniger Kosten und mehr Schnelligkeit neue Impulse bringt“, so Gerber.

Stimmung trübt sich ein

Neue Impulse können die Betriebe der Tiroler Bauindustrie und des Tiroler Baugewerbes indes gut gebrauchen. Denn sie haben aktuell gleich mit mehreren großen Herausforderungen zu kämpfen. „Die Schwierigkeiten liegen in den anhaltenden Beschaffungsproblemen bei Baumaterialien, der Preisentwicklung und dem immer stärker werdenden Arbeitskräftemangel“, betont Manfred Lechner, der Sprecher der Tiroler Bauindustrie. Ein Indikator dafür ist der Tiroler Baubranchen-Index, der das Stimmungsbild anhand des Schulnoten-Systems widerspiegelt. „Im Frühjahr 2022 sind wir hier noch bei einem Zweier gelegen und damit recht zufrieden. Heuer liegen wir mit einer Durchschnittsnote von 2,82 deutlich näher am Dreier und wir müssen aufpassen, dass wir nicht weiter abrutschen“, so Lechner. Folgerichtig sind die Erwartungen der Unternehmen für 2023 gedämpft: Laut „Bauvorschau“ glauben 15 % der Unternehmen in der Tiroler Bauwirtschaft an eine Steigerung ihres Umsatzes. 55 % rechnen damit, dass der Umsatz des Unternehmens in etwa gleich bleiben wird und 31 % gehen davon aus, dass dieser sinken wird.

Wohnbau kommt unter Druck

Die abflachende Konjunktur ist besonders im Wohnbau-Bereich deutlich spürbar. „Diese Entwicklung war zwar zu erwarten, aber die Geschwindigkeit, mit der sie eingetreten ist, war doch etwas überraschend“, betont der Innungsmeister des Tiroler Baugewerbes WK-Vizepräsident Anton Rieder und ergänzt: „Aktuell sind die Auftragsbestände zwar noch relativ gut, aber es besteht durchaus das Risiko, dass es gegen Herbst und Winter schwierig werden könnte.“

Um dem entgegenzuwirken, braucht es laut Rieder eine Anpassung der aktuellen Rahmenbedingungen: „Die Umsetzung der Digitalen Baueinreichung ist eine sehr erfreuliche Nachricht. Es muss aber noch mehr passieren. Zum Beispiel brauchen wir eine faire und pragmatische Vergabekultur. Derzeit werden Vergabekriterien oft so festgelegt, dass sie von mittelständischen Unternehmen nicht erfüllt werden können, obwohl sie durchaus im Stande wären, das Projekt umzusetzen. Hier muss es einen Kurswechsel geben, damit wieder mehr Aufträge regional vergeben werden können“.

Anpassung von Rahmenbedingungen gefordert

Außerdem richtet der Innungsmeister einen Appell an das Land Tirol, dafür zu sorgen, dass bereits geplante Wohnbauprojekte auch tatsächlich realisiert werden können. „Derzeit gibt es in Tirol 500 bis 700 baureife Wohnungen, die nicht umgesetzt werden können. Einerseits, weil die steigenden Baukosten oft dazu führen, dass der vom Land vorgegebene Kostendeckel nicht eingehalten werden kann und deshalb die Förderung nicht fließt. Andererseits, weil die zuletzt massiv gestiegenen Zinsen in Kombination mit den steigenden Baukosten in enorm hohen Mieten resultieren, die für die Tirolerinnen und Tiroler schlicht und einfach nicht leistbar sind. Hier könnte das Land Abhilfe schaffen, indem es den Wohnbauträgern ein höheres Wohnbaudarlehen zur Verfügung stellt, das günstiger verzinst ist, als am freien Markt. Das könnte die Mieten dämpfen und es damit ermöglichen, Projekte, die aktuell gestoppt sind, umzusetzen“, so Rieder.

Land als verlässlicher Auftraggeber

Trotz aller Schwierigkeiten, die die „Tiroler Bauvorschau 2023“ aufzeigt, ist Landesbaudirektor Christian Molzer zuversichtlich, dass sich die Branche gesund entwickeln wird. „Die immer kürzer werdenden Wirtschaftszyklen stellen Anforderungen an die Betriebe der Tiroler Bauindustrie und des Baugewerbes. Aber gerade weil sie innovativ und flexibel sind, sind sie in der Lage, diese Herausforderungen zu meistern. Dabei wollen wir als Auftraggeber jedenfalls ein verlässlicher Partner sein und das Volumen für Projekte des Landes – sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau – stabil halten“, so Molzer abschließend.