Reparaturbonus: Die Förderung bekommt Flügel
Bis Mitte 2026 wird die Reparatur defekter Elektrogeräte mit bis zu 200 Euro gefördert. „Kaum ein Tag vergeht, an dem mir niemand positiv davon erzählt“, stellt Franz Jirka, Spartenobmann Gewerbe und Handwerk, fest.
Mit jedem reparierten Gerät schrumpft der potenzielle Müllberg. „Gestern erst habe ich einen Fernseher angeschlossen und getestet, der zu hundert Prozent am Müll gelandet wäre. Es war aber nur ein kleiner Wackler auf der Kabelbuchse, der repariert werden musste. Der Fernseher selbst hatte gar nichts“, erzählt Martin Iljazovic. Am gleichen Tag reparierte er eine Spülmaschine, die zuvor als „unreparierbar“ abgestempelt worden war. War sie aber nicht. Das dafür nötige Ersatzteil war sogar ein Klassiker im Fundus der Reparaturwilligen beziehungsweise -fähigen.
„Es ist wild, was alles am Müll landen würde“, sagt Iljazovic. Stimmt. Im November 2022 erst hat der findige Techniker zusammen mit seinem Mitstreiter Sebastian Frank die „Reparatur-Werkstatt & Kaffeetechnik Außerfern“ in Reutte eröffnet. Es wäre ein nachhaltiger Spaß, all die Geräte auf einem „Haufen“ zu sehen, die sie seither repariert haben. Haushoch oder gar mehrere Häuser hoch wäre dieser Berg mit Sicherheit schon lange, sind Waschmaschinen, Spülmaschinen, Staubsauger, Drucker, Küchen- oder Kaffeemaschinen doch recht stattliche Teile. Weggeschmissen und durch neue ersetzt symbolisiert der potenzielle Berg ziemlich eindrücklich den klima- und geldbörsenschädlichen Irrsinn, dem mit dem Reparaturbonus der Kampf angesagt wurde.
130 Millionen Euro
„Repariert statt ausrangiert“ lautet das Motto dieser Förderung, die seit April 2022 und bis Mitte 2026 Privatpersonen genau dazu – also zum Reparieren statt Ausrangieren animiert. Elektro- und Elektronikgeräte stehen dabei im Mittelpunkt und die Mittel dafür stammen aus dem Wiederaufbaufonds der EU, einem milliardenschweren Konjunkturpaket, das im Zuge der Coronavirus-Pandemie geschnürt wurde. 50 Prozent der Bruttokosten, bis zu 200 Euro für die Reparatur und bis zu 30 Euro für die Einholung eines Kostenvoranschlages werden über den Reparaturbonus gezahlt beziehungsweise gefördert. In Österreich stehen dafür 130 Millionen Euro zur Verfügung – und sie werden abgeholt.
„Der Reparaturbonus ist ein extremer Anreiz für die Leute, ihre kaputten Geräte überhaupt anschauen und gegebenenfalls reparieren zu lassen“, weiß Martin Iljazovic, wobei das Wort „kaputt“ viele Spielarten hat. So erzählt er etwa vom Staubsauger, der wegen eines simpel zu reparierenden Kabelbruches nicht mehr funktionierte, oder vom Drucker, der allein durch das Zurücksetzen der Software und ein wenig Geduld wieder seine Dienste erledigen konnte. „Oder, wenn jemand eine ewig alte Kaffeemaschine hat, die damals richtig gut gebaut wurde. Dem sagen wir natürlich, dass eine neue schlechter wäre“, sagt Iljazovic. Kaffeemaschinen sind sein zweites Standbein, Kaffee selbst eine Leidenschaft und die Vorstellung, eine richtig gute alte Maschine durch eine supergünstige neue zu ersetzen, ist ihm ein multipler Gräuel. „Bei allen Geräten oder Maschinen versuchen wir, nachhaltig zu reparieren. Wir reparieren das Problem selbst, tauschen aber auch Teile, von denen wir wissen, dass sie kurz vor dem Ende stehen, gleich mit aus“, erklärt Iljazovic. Ein Maximum an verlängerter Lebenszeit kann mit diesem Zugang garantiert werden.
„Es hat ein bissl gedauert, doch jetzt ist der Reparaturbonus richtig in die Gänge gekommen. Man merkt einen starken Drive. Die Mundpropaganda wirkt.“
Mundpropaganda wirkt
Von derart lebensverlängernden Maßnahmen für Elektrogeräte hört Franz Jirka, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der WK Tirol, gerade in straffem Takt. „Es hat ein bissl gedauert, doch jetzt ist der Reparaturbonus durchgesickert und richtig in die Gänge gekommen. Man merkt einen starken Drive. Die Mundpropaganda wirkt“, sagt Jirka, der das Ziel und den Effekt der Förderung ausschließlich positiv sieht, weil das Bewusstsein gefördert, die Umwelt geschont und eine neue Kultur des Reparierens damit etabliert wird.
In Jirkas ganz persönlichem Umfeld häufen sich die Beispiele. So berichtet er etwa von seinem Vater, der die kaputte Waschmaschine von der Innsbrucker Firma Hofko untersuchen ließ. Jirka: „Das hat er über den Reparaturbonus gemacht. Er hat dann zwar eine neue Waschmaschine kaufen müssen, weil die alte nicht mehr repariert werden konnte – aber trotzdem hat er mit seinen 84 Jahren davon gewusst und ist von der Firma darauf hingewiesen worden.“

Auch in seinem eigenen, auf Heizungstechnik spezialisierten Unternehmen, ist der Reparaturbonus Thema: „Wir haben gerade den Thermostat von einem Boiler über den Reparaturbonus ausgetauscht. Der Boiler wäre möglicherweise am Müll gelandet, das will ich mir gar nicht vorstellen.“ Wird allein das nähere Umfeld von Franz Jirka betrachtet, entfaltet der Reparaturbonus ziemlich nachhaltige Kraft, denn auch seine Frau ließ jüngst eine Endelmaschine, bei welcher der Faden nicht mehr rauslaufen wollte, über den Reparaturbonus reparieren. Möglicherweise tat sie das beim Näh- und Stickmaschinen-Experten Heinz Heiss, der vor über 40 Jahren das Unternehmen gründete, das heute einer von wenigen Meisterbetrieben dieser Art ist. Die Eingangstür von Nähmaschinen Heiss in der Innsbrucker Franz Fischer-Straße ziert der Reparaturbonus-Aufkleber, mit dem daran teilnehmende Unternehmen sich zu erkennen geben, und Heinz Heiss sagt: „Das hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und die Leute sind begeistert. Es ist einfach oft besser, etwas Altes zu richten als etwas Neues zu kaufen.“
Nachhaltigkeit
Bei Nähmaschinen trifft diese Wahrheit auf fruchtbare Böden. Etwa, wenn es sich um die Nähmaschine der Mutter handelt. „Von diesen Maschinen trennen sich die Leute nicht gerne. Viele dachten, es sei zu teuer, die Maschine reparieren zu lassen und kommen nun, weil sie vom Reparaturbonus gehört haben“, erzählt Heiss. Andere Nähbegeisterte wollen sich schlicht nicht von ihrer Maschine trennen, deren Funktionen und Handhabung ihnen längst in Fleisch und Blut übergegangen ist. „Bei neuen Maschinen müssten sie umlernen und das möchten sie nicht. Haben wir die alte Maschine repariert, können sie sich wieder auf’s Nähen konzentrieren“, so Heiss, der auch weiß, dass der Reparaturbonus jenen Boom weiter anheizt, der schon im Zuge der Corona-Pandemie durch die Decke gegangen ist: „Da haben plötzlich alle Masken genäht und das war ein Sprungbrett für viele, wieder mit dem Nähen anzufangen.“
Wenn alte Maschinen reparabel sind, sollten sie auf alle Fälle repariert werden, ist Meister Heiss überzeugt. Diese Überzeugung wird mit dem Bonus befeuert und lässt den potenziellen Müllberg schrumpfen. Mit jedem reparierten Gerät.
Weitere Informationen unter: www.reparaturbonus.at