Wolkenstein und Kloger bei der Pressekonferenz
Wolkenstein und Kloger bei der Pressekonferenz
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Industrie bleibt stabilisierender Faktor

Max Kloger, Obmann der Sparte Industrie (r.), und Oswald Wolkenstein, Spartengeschäftsführer Industrie (l.), gaben einen Einblick in die gegenwärtige Lage der Tiroler Industrie.
Blicken optimistisch in die Zukunft: Max Kloger, Obmann der Sparte Industrie (r.), und Oswald Wolkenstein, Spartengeschäftsführer Industrie (l.), gaben einen Einblick in die gegenwärtige Lage der Tiroler Industrie.
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Lage und Ausblick. Die Industrie schafft auch in Krisenzeiten Stabilität. Doch hohe Energiepreise und Arbeitskräftemangel gefährden die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Industrie ist ein stabilisierender Faktor für Tirol. 535 Tiroler Industriebetriebe beschäftigen mehr als 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erbringen 26 % der Tiroler Bruttowertschöpfung in Höhe von 30 Milliarden Euro. 93 Lehrbetriebe bildeten 2021 insgesamt 1.288 Lehrlinge aus – in über 60 verschiedenen Lehrberufen. Diese Zahlen und Fakten umreißen zwar die Bedeutung der Industrie, müssen aber noch um eine wesentliche Information ergänzt werden: Fast drei Viertel aller Waren werden exportiert.

Stabilität

„Im Jahr 2021 machten die Direktexporte 7,4 Milliarden Euro aus. Das zeigt, dass Industrieprodukte ‚Made in Tyrol‘ auf der ganzen Welt gefragt sind. Die heimischen Unternehmen erschließen mit ihren Exporten ein Marktvolumen, das weit über das regionale Umfeld hinausgeht“, erläutert Spartengeschäftsführer Oswald Wolkenstein. Das macht die Tiroler Industriebetriebe zu einem gewissen Teil unabhängig von regionalen Einflüssen. Schon während der Coronakrise, die vor allem im Tourismus und bei Dienstleistern enorme Einbußen brachte, konnte die Industrie im Wesentlichen ihre Produktion am Laufen halten und damit zu Stabilität des Standorts Tirol beitragen.

Diese Robustheit strahlt auch auf die zahlreichen Zuliefererbetriebe der Industrie aus. „Doch diese stabilisierende Funktion hat eine Achilles-Ferse: Aufgrund der internationalen Verflechtung ist die Industrie stärker als alle anderen Branchen darauf angewiesen, mit ihren Angeboten wettbewerbsfähig zu sein. Und genau diese Wettbewerbsfähigkeit ist aufgrund der Preisexplosion bei Energie und dem akuten Fachkräftemangel aktuell in Gefahr“, warnt Industrie-Spartenobmann Max Kloger.

Energie: Unterstützen & Bauen

Die exorbitant gestiegenen Energiepreise stellen die heimischen Industriebetriebe vor ein unlösbares Problem: Wenn sie auf die Produkte aufgeschlagen werden, sind diese im internationalen Vergleich überteuert und finden keine Abnehmer mehr. Die drohenden Folgen liegen auf der Hand: Liquiditätsprobleme, Abwanderungen oder sogar Insolvenzen.

Klare Ausgangslage

Diese Ausgangslage macht klar: Ohne Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand kann es nicht gehen. Ob diese Hilfe in Form einer Gaspreisbremse nach deutschem Vorbild oder einer Fortführung des österreichischen Energiekostenzuschusses erfolgt, ist für Spartenobmann Max Kloger zweitrangig, sehr wohl aber sind die Rahmenbedingungen dafür ausschlaggebend: „Wichtig ist, dass diese Unterstützungen schnell und unbürokratisch abgewickelt werden können.“ Hilfsleistungen können jedoch nur eine kurzfristige Lösung darstellen. Auf lange Sicht muss Tirol massiv in den Ausbau erneuerbarer Energiequellen, allem voran der Wasserkraft, setzen. „Die Fertigstellungen von GKI, Tumpen und diversen Kleinkraftwerken sind zu begrüßen, es müssen jetzt rasch noch weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Energieversorgung von morgen sicherzustellen“, so Kloger.

Eine aktuelle imark-Umfrage belegt, dass die Bevölkerung hinter dieser Forderung steht und genau um die Bedeutung der Industrie und ihrer hochwertigen Arbeitsplätze für Tirol weiß: 84 % der Tirolerinnen und Tiroler befürworten, dass zur Absicherung der heimischen Industrie stärker in zusätzliche Energieerzeugung investiert werden soll. Die „Gegenprobe“ erhärtet den Befund: Nur einer von fünf Befragten will, dass energieintensive Industriebetriebe aus Tirol in Länder mit geringeren Energiekosten abwandern.

Fachkräfte: Heimische Potenziale heben & qualifizierte Zuwanderung

Die zweite massive Herausforderung für die heimischen Industriebeträge liegt im akuten Arbeits-und Fachkräftemangel. „Wir erleben derzeit ein Paradoxon: Noch nie in der Geschichte Österreichs waren so viele Menschen in Beschäftigung wie heute, jedoch nimmt die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden immer mehr ab. Dazu kommt, dass aufgrund der demografischen Entwicklung immer weniger Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen. Das führt zu drei möglichen Szenarien: Erstens einem längeren Arbeiten über das Pensionsantrittsalter hinaus; zweitens der Verstärkung qualifizierter Zuwanderung; drittens: keinem Gegensteuern, was unweigerlich in eine Rezession führt.

„Die heimische Industrie setzt sich ganz klar für die ersten beiden Szenarien ein“, stellt Max Kloger fest. Die Industrievertreter werten die jüngste Aussage des Bundeskanzlers, arbeitswillige Pensionist:innen von den Pensionsversicherungsbeiträgen zu befreien, für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Darüber hinaus braucht es bessere Rahmenbedingungen für die qualifizierte Zuwanderung. Deutschland ist gerade dabei, mit dem Fachkräfte–Zuwanderungsgesetz eine bessere Ausgangslage für sich zu erzielen, was die Wettbewerbssituation für die Tiroler Betriebe weiter verschärft. In Zukunft müssen in Deutschland ausländische Qualifikationen nicht mehr anerkannt werden.

Kanadisches Vorbild

Zudem soll mit einer „Chancenkarte“ nach kanadischem Vorbild ein Punktesystem für Jobsuchende mit gutem Potenzial eingeführt werden. Mit anderen Worten: Deutschland sucht sich zukünftig genau jene Zuwanderer aus, die am Arbeitsmarkt dringend gebraucht werden. „Für welches Modell sich die Bundesregierung auch immer entscheidet, klar ist, dass die administrativen und formalen Hürden für die qualifizierte Zuwanderung gesenkt werden müssen, um den dringenden Bedarf an Arbeitskräften zu decken“, fordert Max Kloger.

Der Spartenobmann betont abschließend, dass trotz aller Herausforderungen und Unsicherheiten die Tiroler Industrie derzeit eine gute Auftragslage verzeichnet. „Wir haben aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gelernt, dass eine gute Stimmungslage die Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften ist. Wirtschaft ist in hohem Maße Psychologie.“ Deswegen richtet der Spartenobmann folgenden Appell zum Jahreswechsel an Politik, Betriebe und Konsument:innen: „Gehen wir optimistisch in die Zukunft. Es sollen keine Investitionen, keine Bauvorhaben und auch keine Kaufentscheidungen zurückgezogen werden, sondern mehr denn je in die heimische Wirtschaft investiert werden. Damit werden wir die Krise nicht nur überstehen, sondern gestärkt aus ihr hervorgehen.“

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