Deutschland ist uns zwei Schritte voraus

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Symbolbild - Deutschland setzte auf optimierte Fachkräftezuwanderung und Energiepreisbremse
Symbolbild - Deutschland setzte auf optimierte Fachkräftezuwanderung und Energiepreisbremse
Rund 25.000 Mitarbeiter:innen fehlen derzeit in Tirol. Auch wenn alle heimischen Potenziale genutzt werden - ohne qualifizierte Zuwanderung wird es nicht gehen. Das deutsche Modell ist vielversprechend.
Rund 25.000 Mitarbeiter:innen fehlen derzeit in Tirol. Auch wenn alle heimischen Potenziale genutzt werden - ohne qualifizierte Zuwanderung wird es nicht gehen.
© WK Tirol/ Christian Vorhofer

Die hohen Energiekosten und der akute Arbeitskräftemangel belasten die Betriebe. Deutschland will die Situation mit einer Energiepreisbremse und optimierter Fachkräftezuwanderung entschärfen.

Für 82 % der Tiroler Unternehmen stellen die Energiepreise die größte Herausforderung dar, gefolgt vom Arbeits- und Fachkräftemangel (69 %). Doch bislang bleibt die österreichische Politik Lösungen schuldig. Damit verliert unser Standort täglich an Wettbewerbsfähigkeit. Wie es gehen kann, zeigen derzeit unsere nördlichen Nachbarn: Deutschland hat die Weichen für die Strom- und Gaspreisbremse sowie für die qualifizierte Fachkräftezuwanderung gestellt und schafft damit die Voraussetzungen, diese beiden Hauptthemen zu entschärfen. „Die Wirtschaft erwartet sich, dass die österreichische Bundespolitik den Ball aufnimmt und ebenfalls in diese Richtung tätig wird“, erklärt WK-Präsident Christoph Walser.

Deutsches Vorbild

Die größte Baustelle für die Firmen stellen die teilweise um das Zehnfache gestiegenen Energiekosten dar. „Die Belastung ist für viele Betriebe existenzbedrohend und stellt eine Gefährdung für zigtausende Arbeitsplätze dar“, erklärt Christoph Walser. In Österreich gab es von Februar bis September den Energiekostenzuschuss. Bundeskanzler Nehammer hat nun angekündigt, diesen zu verlängern. Für Christoph Walser wäre es zielführender, anstelle dessen gleich auf das deutsche Modell umzusteigen. Deutschland plant, die Situation mit einem Preisdeckel auf Strom und Gas für Haushalte und Unternehmen zu stabilisieren. „Im Gegensatz dazu ist der österreichische Energiekostenzuschuss bürokratisch aufwendig und deckt nur einen Teil der Kosten. Die Bundesregierung sollte dem deutschen Vorbild folgen und mit einer wirksamen und einfachen Energiepreisbremse für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen“, fordert der WK-Präsident.

Beim Fachkräftemangel hat die gescheiterte Arbeitsmarktreform die Lage weiter verschärft. In Tirol fehlen derzeit rund 25.000 Arbeitskräfte, Tendenz steigend. Um dieses Problem zu lösen, muss an sämtlichen Stellschrauben gedreht werden – von der verstärkten Einbindung von Frauen in den Arbeitsmarkt bis hin zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Pensionist:innen. Aber selbst, wenn sämtliche Potenziale innerhalb Österreichs aktiviert werden, wird eine Lücke bleiben, die sich nur mit qualifizierter Zuwanderung schließen lässt. Auch hier hat Deutschland gerade mit der Weichenstellung für das sogenannte Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz einen entscheidenden Schritt gesetzt. So müssen beispielsweise in Zukunft ausländische Berufsabschlüsse nicht mehr in Deutschland anerkannt werden.

Anschluss nicht verlieren

Zudem soll mit einer „Chancenkarte“ nach kanadischem Vorbild ein Punktesystem für Jobsuchende mit gutem Potenzial eingeführt werden. Mit anderen Worten: Deutschland sucht sich zukünftig genau jene Zuwanderer aus, die am Arbeitsmarkt dringend gebraucht werden. Damit wird es für Österreich noch schwieriger, mit seinen formalistischen Instrumenten wie der Rot-Weiß-Rot-Karte an dieses Potenzial heranzukommen. Daher fordert WK-Präsident Christoph Walser, dass unser Standort hier nachzieht und in diesem Zug sogar noch einen Schritt weiter geht: Wenn einerseits Berufserfahrung und Berufsabschlüsse als gleichwertig gelten und andererseits Fähigkeiten und Kenntnisse unkompliziert durch Praxistests ermittelt werden, reduziert dies Bürokratie und Formalismus noch weiter. „Sowohl in der Energiefrage als auch bei den Arbeitskräften reicht der Blick über die Grenze, um zu sehen, was zu tun ist. Allerdings müssen wir rasch handeln, um den Anschluss nicht zu verlieren“, drückt Walser aufs Tempo.

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