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Faire Lieblingsstücke

Die Gründerinnen Anna Podgorni (l.) und Johanna Bittner in ihrer Manufaktur in Wilten.
© FOR PEOPLE WHO CARE

Das Textillabel „FOR PEOPLE WHO CARE“ versteht sich als Fair Fashion Label für frisches, mit Sorgfalt und Liebe handgefertigtes Produktdesign. Hier entstehen Taschen aus pflanzlichen Lederalternativen.

Es ist ein verregneter Herbsttag, als wir die Manufaktur von „FOR PEOPLE WHO CARE“ in der Mentlgasse in Innsbruck erreichen. Mitarbeiterin Sigi winkt uns schon von Weitem zu. Über drei Stufen gehen wir in die Räumlichkeiten, wo nachhaltige und wunderschöne Taschen und Accessoires aus pflanzlichen Lederalternativen hergestellt werden. Eine Nähmaschine reiht sich an die nächste, ein Zuschneidetisch, eine Wand mit den unterschiedlichsten Nähseidekordeln und ein Ständer mit bereits fertiggestellten Rucksäcken fangen wir in den ersten Augenblicken auf.

Klassisches Handwerk verknüpft sich hier mit neuen Ideen und hochwertigen, nachhaltigen Materialien. Die Gründerinnen Anna Podgorni und Johanna Bittner haben sich hier einen großen Traum erfüllt: „Wir wollen anders sein. Wir wollen nicht nur reden, sondern es wirklich besser machen. Deshalb haben wir unsere erste Manufaktur 2021 in Innsbruck eröffnet“, und fügen hinzu: „Alle Entscheidungen, die wir treffen, dienen nur einem Ziel: Ein wahres und nachhaltiges Lieblingsstück zu schaffen, das du überall mit hinnehmen möchtest.“

Faire Lieblingsstücke

Gegen Fast Fashion

„In Innsbruck haben wir alles, damit die Manufaktur leben kann: Materialien, die richtigen Maschinen und einen Ort, um regional zu produzieren“, so die beiden Unternehmerinnen. Denn „Fast Fashion“ ist der Begriff, der ein Geschäftsmodell beschreibt, bei dem Kollektionen schnell und trendbezogen designt und zu niedrigen Preisen produziert und verkauft werden. Die Folge sind mangelnde Qualität mit damit verbundener kurzer Haltbarkeitsdauer bei gleichzeitiger Überproduktion. Kurzum: Fast Fashion verbraucht Unmengen von Ressourcen und landet innerhalb kurzer Zeit auf dem Müll – weil sie entweder kaputtgeht oder aufgrund der erheblich produzierten Menge gar nicht erst verkauft und gleich entsorgt wird.

Anna und Johanna haben sich schon lange damit beschäftigt und sich überlegt, dass das auch anders gehen muss. Denn einzeln in Plastik verpackte Kleidungsstücke will kaum einer mehr tragen. Das von ihnen gegründete Label „FOR PEOPLE WHO CARE“ ist nicht nur eine Marke, sondern auch zur Lebenseinstellung geworden. Achtsamkeit, Langlebigkeit und Ressourcenschonung stehen im Fokus der beiden Unternehmerinnen. „Die Rückmeldungen unserer Kund:innen bestätigt uns in unserem Tun. Nachhaltige und regional produzierte Produkte finden immer mehr Anklang und dafür wird auch gerne mal etwas mehr bezahlt. Und das freut uns einfach wahnsinnig.“

Die Taschen und Accessoires werden alle
© WK Tirol

Stylisch und aus Ananas

Gearbeitet wird in der Manufaktur mit dem Material „Piñatex“. Dabei handelt es sich um ein innovatives Material, das aus den Fasern der Ananasblätter hergestellt wird. „Optisch und haptisch erinnert es stark an Leder, ist robust und wasserabweisend, jedoch gänzlich vegan“, erklärt Anna. Für die Ananasfarmer ergibt sich daraus eine zusätzliche Einnahmequelle, würden die Blätter doch in der Regel auf dem Müll landen. Durch Piñatex werden sie einer sinnvollen Verwertung zugeführt und die Farmer lukrieren daraus ein zusätzliches Einkommen. „Es gibt viele vegane Lederalternativen – aus Äpfeln, Pilzen oder Kaktus zum Beispiel – doch die Ananasfaser hat uns am meisten überzeugt.“ Weiters wird mit waschbarem Kraftpapier gearbeitet. „Eine Tasche aus diesem Material hält bis zu 100 Kilo aus und ist sogar maschinenwaschbar“, so Johanna.

In der Manufaktur lassen sich die Taschen anschauen, angreifen und deren Entstehen hautnah erleben.
© WK Tirol
Gearbeitet wird in der Manufaktur mit dem Material „Piñatex“, das aus Ananasblättern hergestellt wird.
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Auf los geht’s los

In der Coronazeit wurden die ersten Nähmaschinen gekauft und vorerst wurde noch von zuhause ausgearbeitet. „Wir haben gesehen, dass es funktioniert“, sagt Johanna. Schritt für Schritt haben sich die zwei weitergearbeitet. „Wir haben keine Investoren im Hintergrund, hatten keinen finanziellen Background. Wir konnten nicht groß klotzen, sondern nur ausgeben, was wir selbst hatten. Und alles, was wir ausgaben, mussten wir erstmal verdienen. Wir mussten also schauen, ob sich unsere Produkte verkaufen, bevor wir weitere Schritte planen. Alles, was wir eingenommen haben, haben wir sofort wieder investiert. Den ersten Kredit haben wir schließlich für eine eigene Lasermaschine aufgenommen“, beschreibt Anna den Weg in die Selbstständigkeit, den beide mit Bedacht gegangen sind.

Vor einem Jahr hat „FOR PEOPLE WHO CARE“ seinen Standort in Wilten bezogen. Und das erste Mal Miete bezahlt. „Das war ein großer Schritt für uns“, so Johanna. Entstanden ist eine extrem coole Location, eine Mischung aus Produktionsstätte und Showroom in lässigem Look, reduziert und stylisch. Hier lassen sich die Taschen anschauen, angreifen und deren Entstehen hautnah und transparent erleben. „Mittlerweile haben wir sieben Mitarbeiter und wir wachsen stetig. Mit unserer gewissenhaften Auswahl der Materialien. Mit unserem transparenten Herstellungsprozess. Mit unserer Entscheidung, wertige, zeitlose und persönliche Accessoires herzustellen. Der ganzheitliche Blick auf die Welt und ein nachhaltiges und faires Handeln sind uns als Team und Unternehmerinnen absolut wichtig“, so Anna.

Gekauft werden können die Produkte über den Online-Shop, direkt in der Manufaktur in Wilten, auf verschiedenen Messen, wo Anna und Johanna mit ihren Produkten vertreten sind – und jetzt aktuell auch am Christkindlmarkt in der Altstadt und am Wiltener Platzl in Innsbruck.

Weitere Informationen: www.forpeoplewho.care