Wirtschaftskompetenz
„Eine europäische Energiepreis-Lösung wäre mit Abstand das Beste. Aber sie muss rasch kommen.“
Beim November-Wirtschaftsparlament, der halbjährlichen Vollversammlung der WK Tirol, war der Festsaal gut gefüllt. Endlich wieder ein „normales“ Wirtschaftsparlament ohne Corona-Alarm. Das war aber auch schon das einzig normale in Zeiten wie diesen. Denn unsere Gesellschaft und erst recht unsere Betriebe werden gerade von mehreren Seiten in die Zange genommen. Die Energiekosten schießen durch die Decke, die Beschäftigung wird teurer, wenn überhaupt Arbeitskräfte zu bekommen sind. Die Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten ist aufgrund der Teuerung langsam dabei, auf Tauchstation zu gehen.
Und oben drüber spannt sich der Klimawandel und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, alte Abhängigkeiten im Energiebezug wegzubringen und gleichzeitig die Transformation hin zu erneuerbaren Energien zu schaffen. Die Delegierten des Wirtschaftsparlaments und Vertreter der neuen Landesregierung befassten sich mit Lösungen zu diesen brandaktuellen Themen. Gemeinsam – da allen bewusst ist, dass es nur so gehen kann.
"Bei der herrschenden politischen und wirtschaftlichen Großwetterlage geht 'business as usual' gar nicht."
Dass die Betriebe mit explodierenden Energiekosten nicht alleine zurechtkommen können, steht außer Streit. Das ist von der EU über den Bund bis hin zum Land allen klar. Leider noch nicht klar ist, wie die Lösungen im Detail aussehen sollen. Die EU hat zwar ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Energiepreisbremse abgeben – in der Umsetzung driften nun aber die Staaten wieder auseinander. Ein europäisches Maßnahmenpaket wäre mit Abstand das Beste – aber es muss rasch kommen. Ansonsten bleibt Österreich nichts anderes übrig, als dem deutschen Vorbild eines Strom- und Gaspreisdeckels zu folgen.
Das ist einfacher und effektiver als über Förderungen wie dem österreichischen Energiekostenzuschuss, der bisher ohnehin nur den Zeitraum von Februar bis September 2022 abdeckt. Der große Lichtblick für Tirol ist die Wasserkraft. Hier liegen echte Potenziale: Dass alleine das neue Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) 8 % des Tiroler Bedarfs abdeckt, ist beachtlich. Wir müssen endlich ins Bauen kommen. Weiterhin zuzusehen, wie sauberes Wasser ungenutzt die Berge herunterrinnt und lieber dreckigen Kohle- und Atomstrom zu importieren, ist verlogen.
Es gibt Stürme, da reicht es, eine Zeitlang den Kopf einzuziehen und danach weiterzumachen wie davor. Bei der herrschenden wirtschaftlichen und politischen Großwetterlage ist das nicht genug. Es braucht deutliche Gegenmaßnahmen und „business as usual“ geht schon gar nicht. Unternehmer haben den Vorteil, dass sie es gewohnt sind, ihr Geschäftsmodell jeden Tag aufs Neue abzuchecken und im Bedarfsfall zügig anzupassen. Auch in der neuen Tiroler Landesregierung gibt es eine Menge Wirtschaftskompetenz. Das kann uns regional einen echten Vorsprung verschaffen. Nutzen wir diese Chance!