

Obwohl es viele Beispiele für erfolgreiche Weiterentwicklungen gibt, sieht Markus Schwarzenberger, Sprecher des Tiroler Versand- und Internethandels, in Sachen Digitalisierung noch großen Aufholbedarf in der Handelslandschaft.
Zum zweiten Mal in Folge hat der Lockdown das für den Tiroler Handel so wichtige Weihnachtsgeschäft massiv beeinträchtigt. „Besonders dramatisch ist das für jene, die voll und ganz auf den Verkauf direkt im Geschäft angewiesen sind – und das sind nach wie vor zu viele“, stellt Markus Schwarzenberger, Obmann des Versand- und Internethandels in der WK Tirol, fest. In Sachen Digitalisierung ortet er noch viel ungenütztes Potenzial in der Tiroler Handelslandschaft.
„Im Lockdown vor einem Jahr hatten viele Handelsbetriebe damit zu kämpfen, dass ihnen die Voraussetzungen gefehlt haben, um Waren online zu verkaufen, Bestellungen online abzuwickeln oder auch nur online für potenzielle Kundinnen und Kunden sichtbar zu sein. Ein Jahr später standen die allermeisten Händlerinnen und Händler wieder genau vor den gleichen Problemen. Zu wenige haben ihr Geschäft zwischenzeitlich ‚online-fit‘ gemacht“, zieht Schwarzenberger eine eher triste Bilanz, die auch abseits der Pandemie Zündstoff dafür ist, Digitalisierungsschritte zu setzen und sich breit aufzustellen: „Vor allem junge Leute sind es gewohnt, immer und überall online einkaufen zu können. Und sie nutzen diese Möglichkeit auch. Das heißt nicht, dass der stationäre Handel keine Zukunft hat. Aber er muss seine unbestrittenen Stärken wie Kundennähe, Service- und Beratungsqualität mit Multichannel-Verkaufsstrategien ergänzen, um seine Kundinnen und Kunden weiterhin bestmöglich zu erreichen.“
Onlineshopper Corona-Kunde
Die Worte des Branchensprechers werden nicht nur durch die Paketzusteller befeuert, die sich wie Ameisen zu Tirols Haushalten drängeln. Laut einer Studie von TQS Research & Consulting und dem Marketing Circle Austria kaufen 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreich gleich viel oder viel mehr online als zuvor, 43 Prozent kaufen seit Beginn der Krise auch andere beziehungsweise weitere Produkte online und nur drei Prozent verzichten ganz generell auf Online-Einkäufe. „Damit gibt es für den Handel keine Wahl zwischen Online-Sein oder Nicht-Sein: In Zukunft sind nur die erfolgreich, die Multi- und Omnichannel anbieten können“, analysierte Andreas Ladich, Präsident des Marketing Club Österreich Austria.
„Noch zu wenige haben ihr Geschäft zwischenzeitlich online-fit gemacht.“
Projekt Digital-Lotse
Dass die Digitalisierung keine Vielleicht-, sondern eine Muss-Geschichte ist, gibt der Aufholjagd eine knallharte existenzielle Note und Markus Schwarzenberger ist sich durchaus bewusst, dass es gerade für kleinere Handelsbetriebe schwierig ist, den digitalen Einstieg zu schaffen. Oft fehlen ihnen das Know-how und die Ressourcen. Deshalb rät er, sich bei Bedarf professionelle Unterstützung zu holen – beispielsweise im Rahmen des „Digital-Lotse“-Projektes.
„Mit dieser Intitative haben die Wirtschaftskammer und das Land Tirol ein kostenloses und niederschwelliges Beratungsangebot geschaffen. Dabei besuchen regionale Digitalisierungs-Profis die Unternehmerinnen und Unternehmer auf Wunsch direkt im Betrieb, um unmittelbar erste Digitalisierungsmaßnahmen zu besprechen und umzusetzen“, so der Branchensprecher, der abschließend konstatiert: „Der Wettbewerb wird immer härter. Wenn wir Umsätze und Kaufkraft im Land halten wollen, ist jammern der falsche Ansatz – wir müssen handeln und dafür die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Aus Kundensicht machen die Online-Riesen vieles verdammt gut. Es liegt an uns, den Tiroler Konsumentinnen und Konsumentinnen zu signalisieren, dass wir das auch können und vor allem wollen.“