

Regionale Lebensmittel haben großes Potenzial
Für 85 Prozent der Tiroler ist Regionalität bei Lebensmitteln ein wichtiges Auswahlkriterium, und 87 Prozent sind der Meinung, dass Regionalität in Zukunft immer wichtiger wird. Starke Zahlen, starke Zeichen. „Es ist ein wichtiges Thema für den Tiroler Lebensmittelhandel“, weiß Gremialobmann Stefan Mair.
Gefühlt hatte dieses Bewusstsein der Tiroler Konsumenten schon lange Flagge gezeigt. Ob in den Geschäften, am Ess-tisch zu Hause oder im Gasthaus ums Eck, war die Regionalität der Lebensmittel zunehmend zu einer „Zutat“ geworden. Mehr oder weniger schleichend wurde die Frage nach dem woher zu einem Standard, doch so richtig festzumachen beziehungsweise mit Zahlen greifbar, war dieser Trend bislang nicht. Jetzt ist er‘s.
Die Ergebnisse der Umfrage, welche der Tiroler Lebensmittelhandel bei Research Affairs, dem renommierten Markt- und Motivforschungs-Unternehmen, in Auftrag gegeben hatte, liefern nicht nur einen tiefen Blick ins Innerste der Tiroler Konsumenten, sondern auch einen klaren Ausblick in die Zukunft, der wiederum als Orientierungshilfe für die Tiroler Lebensmittelhändler dienen kann.
„Ich bin froh, dass wir diese Studie haben. Sie ist eine gute Basis zum Weiterarbeiten“, sagt Stefan Mair, Gremialobmann des Tiroler Lebensmittelhandels. „Noch gibt es in keinem Bundesland eine vergleichbare Studie“, weiß Simon Franzoi, Experte für Lebensmittelhandel der WK Tirol.
Luft nach oben
Die herausstechenden Ergebnisse der für die Tiroler Bevölkerung ab 18 Jahren repräsentativen Umfrage sind jene, die den Stellenwert der Regionalität bei der Auswahl von Lebensmitteln unterstreichen. Qualität, guter, authentischer Geschmack und Gesundheit sind die wichtigsten Kriterien beim Einkauf – gefolgt von Regionalität, die für 54 Prozent der Tiroler „sehr wichtig“ und für 31 Prozent „eher wichtig“ ist.
Von 100 Tirolern sind es demnach nur 15, die nicht auf Regionalität achten. Weil zudem 87 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass Regionalität bei Lebensmitteln in Zukunft immer wichtiger werden wird, sollte das Zauberwort richtig fett geschrieben werden. Und das nicht nur im übertragenen Sinn.
„Es ist rausgekommen, dass man bei der Darstellung und Visualisierung durchaus Luft nach oben hat“, weist Stefan Mair darauf hin, dass die Lebensmittelhändler Möglichkeiten haben, ihren Kunden den Einkauf zu erleichtern, erwarten sich doch drei Viertel der Tiroler, dass der Handel von sich aus transparente Informationen über die Herkunft zur Verfügung stellt.
Mit der Auswahl regionaler Lebensmittel an sich sind 83 Prozent zufrieden. Eine schöne Zahl, doch sind 51 Prozent der Meinung, dass man sich genau mit Lebensmitteln beschäftigen muss, um herauszufinden, woher diese kommen. Damit werfen sie den Ball den Händlern zu. „Wie genau das auszusehen hat, kann man nicht empfehlen, das ist am Point of Sale von jedem Händler zu entscheiden“, sagt Gremialobmann Mair und meint: „Da hat jeder Potenziale und Möglichkeiten zur Feinabstimmung.“
Die Experten von Research Affairs sehen im Zusammenhang mit dem Zukunftspotenzial des Regionalen auch Chancen in der Nutzung digitaler Möglichkeiten – zum Beispiel durch die Nutzung von QR-Codes, die zeigen, wie weit Lebensmittel gereist sind.
Apropos weite Reisen. „Der Begriff Regionalität ist je nach Produkt unterschiedlich definiert. Milch muss aus Tirol und darf beispielsweise nicht aus Niederösterreich sein, sonst ist sie nicht regional für den Tiroler Konsumenten. Im Obstbereich ist die Definition eine ganz andere und reicht viel weiter“, erklärt Simon Franzoi. Bei Kartoffeln denken die Tiroler österreichweit, Bananen gelten als regional, wenn sie aus Europa und nicht aus Südamerika kommen – es hängt also davon ab, welche Produkte wo grundsätzlich produziert beziehungsweise angebaut werden können – und welche nicht.
Je näher desto besser gilt vor allem für Eier. Sie sind die ovalen Spitzenreiter, achten doch 91 Prozent der Tiroler beim Kauf von Eiern darauf, dass die Hühner in der Region leben und gegebenenfalls besucht werden könnten. Auch bei Gemüse (88 Prozent), Milch und Milchprodukten (84 Prozent), Obst (84 Prozent) und Frischfleisch (82 Prozent) spielt diese Nähe eine sehr große Rolle.
Der Bewusstseinswandel
Wie stark das Bewusstsein der Konsumenten gegenüber der Herkunft ihrer Lebensmittel etwa bei Fleisch gestiegen ist, hatte schon 2018 eine Marktforschungsstudie der GS1 Austria, einer 100%-Tochter der WKO, gezeigt, laut der die Rückverfolgbarkeit von Fleisch für 69 Prozent der Konsumenten „sehr wichtig“ und für 24 Prozent „wichtig“ ist.
„Der Kunde will immer öfter wissen, woher das Fleisch kommt, das er konsumiert, er will wissen, bei welchem Bauern das Tier aufgewachsen ist“, hatte Friedrich Auer, Geschäftsführer der Firma Hörtnagl Ende 2018 gegenüber der „Tiroler Wirtschaft“ festgehalten.
In der Studie hatten 93 Prozent der Befragten angegeben, dass Namen und Anschrift des Landwirts bzw. Erzeugers des Rohstoffes entscheidend sind, um von „Rückverfolgbarkeit“ zu sprechen. Regionalität, Authentizität und Heimatgefühle sind schwergewichtige bzw. sehr emotionale Zutaten bei der Kaufentscheidung. Die Tiroler Unternehmen haben hier gleichsam per se Vorteile, weil die Marke Tirol derart aufgeladen ist. Das ist sie offenkundig auch auf Seiten der Tiroler Konsumenten.
„Man kann das zwar nicht mit Zahlen belegen, weil es eine derartige Umfrage aktuell nur in Tirol gibt, doch kann man schon davon ausgehen, dass wir Tiroler durch unseren Stolz so etwas wie Vorreiter sind“, ist Simon Franzoi von der Kraft des regionalen Bewusstseins überzeugt. Die Motive, welche die Tiroler dazu animieren, regionale Produkte zu kaufen, wirken darüberhinaus sehr ehrenwert.
So sind die „Unterstützung von einheimischen Bauern und Produzenten“ für 84 Prozent und die „geringere Umweltbelastung durch kürzere Transportwege“ für 81 Prozent die überzeugendsten Argumente, um zu regionalen Produkten zu greifen. „Das sind schon tolle gesellschaftliche Motivationen“, sagt Franzoi, „das wird vom Konsumenten überlegt und er nimmt dafür auch in Kauf, teilweise für das Produkt mehr zu zahlen.“
Fast zeitgleich mit der Tiroler Umfrage hat das Handelshaus Wedl seinen Food Report 2019 veröffentlicht, der die Tiroler Ergebnisse unterstreicht. Regionalität zählt demnach auch österreichweit nach Frische, Qualität und Preis bei der Kaufentscheidung am meisten.
„Diese Reihung zeigt, das Bewusstsein für Regionalität ist in der Bevölkerung angekommen“, hielt Lorenz Wedl, Geschäftsführer und Sprecher der Wedl Handels-GmbH, im Rahmen der Präsentation fest. Laut Wedl Food-Report kaufen 84 Prozent der Befragten immer oder meist regionale Produkte, 56 Prozent von ihnen greifen zu Bio-Produkten und wie die Tiroler so achten auch die restlichen Österreicher besonders bei Gemüse, Obst, Fleisch und Molkereiprodukten auf Regionalität.
Regional ist nicht Bio
„Woher kommt‘s?“ ist eine immer wichtigere und immer lauter gestellte Frage. Eine Frage, die so einfach wie möglich beantwortet werden will. Dies ist der Punkt, wo Gremialobmann Mair Luft nach oben ortet. Und Luft nach oben wurde im Rahmen der Umfrage auch bei der Aufklärung über den Unterschied zwischen regional und biologisch festgestellt.
„Der Konsument unterscheidet da nicht sehr gut. Oft meint er Bio ist regional und umgekehrt. Ein Biozertifikat sagt aber nichts über die Herkunft aus. Bio kann auch weit gereist sein und regional kann, muss aber nicht zwangsläufig, Bio sein“, erklärt Simon Franzoi. Genau 50 Prozent, also die Hälfte der Tiroler verbinden mit regionalen Lebensmitteln automatisch, dass diese biologisch sind. Jeder zweite Tiroler Konsument kennt demnach den Unterschied nicht wirklich und die wenigsten können Bio genauer definieren.
„Im Handel ist es ganz klar definiert. Biologische Produkte sind mit den entsprechenden Zertifikaten gekennzeichnet. Mehr können wir nicht machen“, stellt Mair klar, dass den Lebensmittelhändlern hier die Hände gebunden sind, wobei er auch darauf hinweist, dass den Tirolern regional grundsätzlich wichtiger ist, als Bio – knapp zwei Drittel der Befragten räumen dem Thema Regionalität einen höheren Stellenwert bei.
Lediglich 13 Prozent der Tiroler glauben, dass Regionalität bei Lebensmitteln durch die Globalisierung keinen wesentlichen Stellenwert einnehmen wird. 87 Prozent sehen das anders. Ganz anders. Sie wissen um die großen Potenziale.
Die Regionalität eines Produktes ist für Verbraucher ein zentraler Faktor beim täglichen Einkauf. Laut einer Studie, die kürzlich vom Tiroler Lebensmittelhandel bei Research Affairs in Auftrag gegeben wurde, steht Regionalität nach Qualität, gutem, authentischen Geschmack und Gesundheit an vierter Stelle der wichtigsten Kriterien beim Einkauf von Lebensmitteln. Grafik: WKT/Riepl, Qelle: research affairs